Rückblick auf vier Jahre Großkrebsmonitoring
23.05.2018
Ergebnisse Großkrebsmonitoring Bodensee
Seit Herbst 2014 führen wir am Bodensee ein Großkrebsmonitoring mit Kunstsubstraten durch. Anlass waren immer wieder auftretende Einzelfunde von neuen exotischen Krebsarten wie dem Signalkrebs und die Frage nach deren weiteren Ausbreitung. Aus diesem Grund wurden pro Untersuchungsstelle jeweils im Herbst sechs Kacheln als Kunstsubstrate ausgebracht, die als Winterunterstände dienen sollten. Nach Abkühlung des Bodensees im Winter wurden die Substrate wieder eingesammelt und die darunter befindlichen Krebse bestimmt und gezählt.
In den letzten vier Jahren konnten mit dieser Methode ausschließlich Exemplare des hier bereits seit den 1980er Jahren etablierten Kamberkrebses Orconectes limosus nachgewiesen werden.
Für diese Art lassen sich mittlerweile gute Aussagen hinsichtlich ihrer Verbreitung am Bodensee treffen. Bis auf einzelne Bereiche des Ostteils des Bodensees kommt sie überall regelmäßig vor. Die Dichten sind in Überlinger- und Untersee meist deutlich höher als am Obersee. Die Ursache hierfür können Wellenschlag, Substratbeschaffenheit und Wasserpflanzenvorkommen sein.
Interessant ist der zeitliche Verlauf der Dichten im Seerhein. 2014 wurde hier mit 13 Kamberkrebsen unter einer einzelnen Kachel die höchste Dichte des gesamten Monitorings festgestellt. Seit 2016 haben wir gar keine Großkrebse mehr gefunden, im Winter 2017 stattdessen ca. 50 Bachschmerlen unter einer einzelnen Kachel. Hier wurden die Kamberkrebse scheinbar von Bachschmerlen aus ihren Winterunterständen verdrängt.
Neuer Schlammröhrenwurm im Bodensee: Quistadrilus multisetosus
23.05.2018
Quistadrilus multisetosus aus dem Bodensee. Copyright: Uta Mürle
Im Rahmen unseres Neozoenmonitorings am Bodensee wurde ein neuer Schlammröhrenwurm (Tubificidae) im Bodensee gefunden. Die Proben vom Seerhein vom Herbst 2016 enthielten einzelne Exemplare von Quistadrilus multisetosus – ein deutscher Name ist nicht bekannt.
Die Art stammt aus dem Osten von Nordamerika, aus Europa sind bisher nur wenige Fundberichte bekannt. Dies kann an einer noch geringen Untersuchungslage oder einer erst beginnenden Verbreitung liegen. Über die Ökologie dieser Art ist noch weniger bekannt. In Tschechien wurde sie einem eutrophen (200-1000 µg Phosphat/L) Fluss mit sehr hoher Leitfähigkeit (>1000 µS) gefunden. Die Wasserchemie des Bodensees ist dagegen vollkommen anders: ~6 µg Phosphat/L; ~330 µS/cm.
Aufgrund der bisherigen Daten gehen wir von einem auch zukünftig unauffälligen Vorkommen im Bodensee aus. Bisher konnte keine weitere Ausbreitung beobachtet werden.
Aktuelles zur Verbreitung der Quagga-Muschel (Dreissena rostriformis) im Bodensee
30.11.2017
Die Quagga-Muschel Dreissena rostriformis breitet sich weiter schnell im Bodensee aus. Aktuelle Erhebungen im Rahmen des Neozoen-Monitorings der IGKB (Internationale Gewässerschutzkommission des Bodensees) zeigten im November 2017 eine geschlossene Verbreitung im Flachwasserbereich rings um den Obersee. Die ehemalige Verbreitungslücke am Schweizer Ufer des Obersees wurde daher geschlossen. An den meisten Stellen kommt die Quagga-Muschel aktuell sogar deutlich dichter vor als die schon länger etablierte Dreikantmuschel Dreissena polymorpha.
Mittlerweile gibt es auch geringe Vorkommen der Quagga-Muschel im Untersee. Die genaue Auswertung von ausführlichen Probenahmen vom Herbst 2016 ergab einzelne Tiere im Flachwasserbereich vor Radolfzell. Aufgrund der fehlenden Verbreitung von Hartsubstraten in tieferen Seebereichen des Untersees gehen wir allerdings von einer langsameren Ausbreitung im Untersee als im Obersee aus.
Quagga-Muschel (Dreissena rostriformis) im Bodensee etabliert
08.02.2017
Die eingeschleppte Quagga-Muschel Dreissena rostriformis ist mittlerweile im Bodensee etabliert. Beschränkte sich bis Mitte 2016 das damals bekannte Vorkommen der Art noch auf Wallhausen am Überlinger See, so liegen mittlerweile Nachweise aus fast allen Seeteilen vor. Gleichzeitig hat sich die Tiefenverteilung stark geändert. Nach anfänglich ausschließlichen Funden in der Tiefe (Wallhausen, Lindau, Langenargen) breitete sich die Art im Verlauf des Jahres ins Flachwasser aus. Eine frühere großflächige Verbreitung im Flachwasser kann aufgrund des laufenden Neozoenmonitorings ausgeschlossen werden. In diesem Rahmen wird der bewatbare Bereich des Bodensees an über 20 Stellen rings um den See zweimal pro Jahr auf wirbellose Neozoen untersucht. Dabei wurden noch im Frühjahr 2016 keine Quagga-Muscheln gefunden – an denselben Stellen genau ein Jahr später fast überall. Da an den wenigen bisher untersuchten tieferen Stellen jeweils bereits mehrjährige Quagga-Muscheln vorhanden waren, gehen wir von einem schon länger bestehenden Vorkommen unterhalb von ca. 3 m Tiefe aus, das sich über das Jahr 2016 bis in die Flachwasserzone ausgebreitet hat.
Übersicht der Nachweise in Bodensee und Hochrhein
Stand 10.02.2017. Wenn nicht anders angegeben, handelt es sich um maximal einjährige Tiere
Überlinger See
- Kompletter bewatbarer Bereich (HYDRA)
- Wallhausen und Klausenhorn (10-25 m Tiefe, mindestens vierjährig, Taucher HYDRA und Sporttaucher)
- Sipplingen und Unteruhldingen (3-5 m, Universität Konstanz)
- Mainau (Einzelfund in Fischernetz in 3 m Tiefe)
- Überlingen (zahlreiche Tiere in Fischernetz aus 8-11 m Tiefe)
- Überlingen und Meersburg (Schwerpunkt 5-15 m Tiefe, zahlreiche mehrjärige Muscheln, Einzelfund 38 m, Sporttaucher)
Obersee
- Bewatbarer Berich von Meersburg bis Langenargen und von Konstanz bis Bottighofen; negative Befunde von Staad bis Wasserburg (HYDRA)
- Uttwil, Horn (>2 m Tiefe, HYDRA)
- Fußacher Bucht (6-10 m Tiefe, ISF Langenargen)
- Bregenz (Einzelfund 2-3 m Tiefe, Sporttaucher)
- Lindau (10 m Tiefe, ISF Langenargen)
- Wasserburg (15-20 m Tiefe, einjährig, ISF Langenargen)
- Langenargen (3-20 m Tiefe, mindestens zweijährig, ISF Langenargen)
- Eriskirch (18 & 27 m Tiefe, ISF Langenargen)
- Goldach (KEIN Nachweis bis 25 m Tiefe trotz Kontrolle mit Taucher im Sommer)
Untersee
- Bisher kein Nachweis trotz ausführlicher Suche im gesamten bewatbaren Bereich
Seerhein
- Bewatbarer Beriche von Konstanz bis Gottlieben (teilweise sehr hohe Dichten, HYDRA)
Hochrhein
- Hemishofen (bewatbarer Bereich, HYDRA)
Weitere Quagga Muscheln bei Wallhausen gefunden
24.05.2016
Dreissena rostriformis (Quagga-Muschel)
Nach der Fundmeldung der ersten Quagga Muschel im Bodensee wurde die Tauchstelle in Wallhausen von Tauchern genauer untersucht. Dabei wurden am 22. Mai trotz schlechter Sicht viele weitere Exemplare gefunden. Die Muscheln waren vereinzelt zwischen der verbreiteten Dreikantmuschel Dreissena polymorpha verteilt. Die größten Exemplare waren über 30 mm lang und mindestens 4 Jahre alt. Das Hauptvorkommen lag bei 8 m Tiefe.
Dreissena rostriformis von Wallhause am Bodensee. Copyright: Martin Köhnke
Dreissena rostriformis (Bildmitte) zwischen überwiegend Dreissena polymorpha in 8 m Tiefe in Wallhausen am Bodensee. Copyright: Martin Köhnke