Erste Quagga-Muschel im Bodensee gefunden
20.05.2016
Dreissena rostriformis (Quagga-Muschel)
Anfang Mai wurde ein einzelnes Exemplar der Quagga-Muschel in Wallhausen am Bodensee gefunden. Die Muschel war Patrick Steinmann (AWEL, Kanton Zürich) bei einem privaten Tauchgang in 25 m Tiefe aufgefallen. Lukas De Ventura (vormals EAWAG, jetzt Fachstelle Oberflächengewässer im Kanton Aargau) bestätigte die Bestimmung als Quagga-Muschel und gab jetzt die Fundmeldung bekannt.
Bisher wurde nur ein einzelnes Tier bestätigt. Daher ist unbekannt, ob sich die Art bereits im Bodensee etabliert hat oder etablieren wird. Viele fremde Arten werden in Einzeltieren in andere Gewässer verschleppt, können sich dort aber nicht in ausreichendem Maße vermehren und verschwinden wieder.
Fund von Dreissena rostriformis in Wallhausen am Bodensee. Copyright: Patrick Steinmann
Die Quagga-Muschel ist eine nahe Verwandte der bei uns schon seit den 1960er Jahren etablierte und weit verbreitete Dreikantmuschel Dreissena polymorpha. Beide Arten stammen aus dem Schwarzmeergebiet und kommen dort auch meist zusammen vor. Sie unterscheiden sich etwas in der Form. Die im Bodensee gefundene Quagga-Muschel kann vermutlich in größeren Tiefen vorkommen als die Dreikantmuschel. In Bodenseenähe kommt sie bisher vor allem Rhein flussabwärts von Basel vor.
Bisher wurde davon ausgegangen, dass fest am Substrat sitzende Muscheln vor allem mit Wanderbooten verschleppt werden. Allerdings können die Tiere mit jeder Art von feuchtem Material von einem Gewässer in ein anderes gebracht werden. Die Tauchstelle in Wallhausen wird sehr stark genutzt – auch von vielen auswertigen Tauchern. Daher wäre auch eine Einschleppung über diesen Weg möglich.
Wie weit ist der Signalkrebs im Bodensee verbreitet?
08.10.2014
Pacifastacus leniusculus (Signalkrebs)
Der Erstnachweis des als stark invasiv bekannten Kalifornischen Signalkrebses Pacifastacus leniusculus im Bodensee erfolgte bereits am 28.05.2011. Anne Puchta fand ein adultes, weibliches Tier am Südost-Ufer der Insel Lindau. Noch war allerdings unklar, ob es sich nur um ein ausgesetztes Einzeltier handelt. Zuvor lagen nur einige Nachweise aus Bodenseezuflüssen vor; der seenächste Nachweis stammte aus der Dornbirner Ach und dem Hinterland von Lindau. Seit 2012 wurden dann immer wieder Tiere in der Fußacher Bucht (Vorarlberg) entdeckt. Im Herbst 2013 wurde dann ein Exemplar von einem Bodenseefischer fast am anderen Ende des Sees gefangen – am Seeufer bei Seefelden. Aus wenigen Einzelfunden könnte eine schnelle, seeweite Ausbreitung im Bodensee geworden sein.
Der Signalkrebs ist – wie der Kamberkrebs Orconectes limosus – Überträger der Krebspest und gegenüber dem mittlerweile sehr stark verbreiteten Kamberkrebs konkurrenzstärker. Er könnte daher schnell zum dominierenden Großkrebs im Bodensee werden.
Zur Abklärung der aktuellen Verbreitung findet derzeit eine Zusatzuntersuchung des allgemeinen Neozoenmonitorings am Bodensee statt. Rings um den See wurden Kunstsubstrate ausgebracht, in denen sich Großkrebse ansiedeln sollen. Die Ergebnisse werden noch diesen Herbst erwartet.
Aktuelle Entwicklungen der Neozoen im Bodensee
31.03.2014
Crangonyx pseudogracilis (Aufrechter Flohkrebs)
Im Bodensee wurde die Art 2007 beschrieben. Sie konnte sich allerdings lange Zeit nicht über den ursprünglichen Fundort bei Hard ausbreiten. Zeitweise war sie sogar fast verschwunden. Seit 2013 wurde er dagegen an mehreren Stellen am Untersee gefunden und breitet sich dort seitdem aus. Aktuell kommt er von Radolfzell bis Horn vor. Da C. pseudogracilis in Deutschland in kleinen Seen häufig vorkommt, könnte es sich um eine zweite Besiedlungswelle handeln. Auf jeden Fall scheint sich C. pseudogracilis im Untersee besser durchzusetzen als im Obersee. Die weitere Entwicklung wird spannend.
Katamysis warpachowskyi
Diese seit 2009 im Bodensee beschriebene Schwebegarnele kommt jetzt um den gesamten Bodensee neben der ebenfalls gebietsfremden Limnomysis benedeni vor. Bis jetzt sieht es nach einer Koexistenz der zwei Schwebegarnelen aus, wobei an einer Stelle jeweils eine Art häufiger auftritt als die andere.
Langfristige Trends
Die Benthosbesiedlung des Bodensees wird seit 2009 regelmäßig an mehreren Stellen untersucht. Innerhalb dieses Zeitraumes ging die Benthosbesiedlung allgemein allmählich zurück. Dieser Trend scheint sich zu festigen. Eine mögliche Ursache sind neben Schwankungen von Wasserständen, Wassertemperaturen oder der Substratzusammensetzung räuberische Neozoen. Gerade die Ausbreitung von D. villosus und des großen omnivoren Krebses Orconectes limosus (Amerikanischer Flusskrebs) könnte einen Einfluss haben. Eine weitere Beobachtung ist der zunehmend wachsende Anteil an Neozoen an der Benthosgemeinschaft. Der Biomasseanteil der Neozoen beträgt hier mittlerweile über 90%.
Verdrängen Neozoen den letzten heimischen Flohkrebs im Bodensee?
30.03.2014
Gammarus lacustris (Seeflohkrebs)
Gammarus lacustris ist kein Neozoon, sondern seit vielen Jahren die letzte heimische Flohkrebsart im Bodensee. Ursprünglich vermutlich im ganzen See heimisch, wurde er schon in den 1970er Jahren von Gammarus roeselii in den Untersee zurückgedrängt. Selbst das Auftreten von Dikerogammarus villosus (Großer Höckerflohkrebs) schien G. lacustris lange Zeit nichts auszumachen. Aber über längere Zeit scheint G. lacustris stark zurückgedrängt zu werden. Diese Entwicklung ist besonders beunruhigend, da er in Deutschland insgesamt stark bedroht ist. Hoffnung dagegen macht ein Einzelfund dieser Art aus dem Obersee bei Langenargen. Dies ist der erste uns bekannte Fund dieser Art im Obersee seit den 1970er Jahren.