Dreissena rostriformis
Dreissena rostriformis DESHAYES 1838
(Mollusca, Bivalvia, Dreissenidae)
Synonyme in Deutschland: Dreissena rostriformis bugensis, Dreissena bugensis
Deutscher Name
Quagga-Muschel
Herkunft
Aralsee, Pontokaspis (Schwarzmeerraum, Kaspisches Meer)
Verbreitungsmechanismen
Schiffe, Wanderboote, Taucher, Angler, Fische (?), Vögel (?), Fischbesatz (?)
Ökologie
Aktiver Filtrierer, euryök, sessil
Erstnachweise/Erstbeschreibungen
Rhein: Rheindelta, 2006, Molloy et al. 2006
Oberrhein: 2007, Martens et al. 2007
Main: 2007, van der Velde & Platvoet 2007
Niederrhein: 2008, Hybach & Christmann 2009
Bodensee: 2016 (bereits mehrjährige Tiere)
Taxonomie
Normalerweise ist die Angabe des wissenschaftlichen Namens einer Art einfach und eindeutig. Bei den jetzt in Mitteleuropa lebenden Quagga-Muscheln wird dies allerdings noch diskutiert.
Meist findet sich "Dreissena rostriformis bugensis (Andrusov 1897)". Allerdings gibt es für die in Mitteleuropa befindlichen Tiere vermutlich keine ausreichende Begründung zur Angabe der Unterart. Weiter wird sie als "Dreissena bugensis (Andrusov 1897)" oder "Dreissena rostriformis (Deshayes 1838)" geführt. Bei allen Tieren der genannten Bezeichnungen in Mitteleuropa sollte es sich um dieselbe Art handeln. Bis es neuere Erkenntnisse gibt, folgen wir mit Dreissena rostriformis dem frühesten Erstbeschreiber der Art Deshayes (1838).
Beschreibung
Die Quagga-Muschel wurde nach dem Bau des Main-Donau-Kanals (1992) mit Binnenschiffen eingeschleppt. Sie ist in ihrem Aussehen und der Ökologie der bereits fast in allen Gewässern vorkommenden Dreikantmuschel (Dreissena polymorpha) sehr ähnlich. Die Färbung der Quagga-Muschel ist variabler und kann von fast weiß bis fast schwarz reichen, auch die Streifen sind sehr unterschiedlich ausgeprägt. Das Hauptunterscheidungsmerkmal gegenüber der Dreikantmuscheln ist das Fehlen der seitlichen Kanten, also von zwei der drei "Kanten", die der Dreikantmuschel ihren Namen gibt.
In der Literatur beschrieben ist, dass die Quagga-Muschel, je nach Beschaffenheit des Gewässers, in größeren Tiefen vorkommt und schneller wachsen kann als die Dreikantmuschel. Dies scheint vor allem daran zu liegen, dass sie niedrigere Wassertemperaturen toleriert und mit weniger Nahrung noch wachsen kann. Zusätzlich kann sie gänzlich ohne sich festzusetzen auf Weichsubstrat siedeln. Die tiefen Bereiche der meisten Seen bestehen aus Weichsubstrat.
Aktuelle Verbreitung im Bodensee
Verbreitung von Dreissena rostriformis im Bodensee. Zusammengefasste Daten von 2020-2022. Grafik: HYDRA.
Ausbreitung im Bodensee
Im Bodensee wurde die Quagga-Muschel erstmalig im Mai 2016 von Tauchern in ca. 25 m Wassertiefe gefunden. Kurz nach dem Erstnachweis erfolgte eine Nachsuche mit Tauchern und ergab zusätzlich vereinzelte Tiere am benachbarten Klausenhorn (HYDRA). Dabei wurden auch mehrjährige Tiere gefunden. Parallel tauchten im Nordteil des Obersees mehrjährige Einzeltiere in Tiefen unterhalb von 5 m auf (ISF). Der Ersteintrag in den Bodensee erfolgte damit bereits vor 2016 und eventuell nicht nur an einer Stelle. In der ufernahen Flachwasserzone ergab die Suche an 50 Standorten rings um den See zu diesem Zeitpunkt keine Vorkommen (HYDRA). Damals wurde eine unauffällige Entwicklung im Bodensee erhofft.
Kurz nach diesen Erstfunden nahm die Ausbreitung allerdings sehr schnell zu. Im Herbst 2016 tauchte die Quagga-Muschel im Bereich der bereits bekannten Gebiete auch in der ufernahen Flachwasserzone auf (Abb. oben), ein Jahr später – also im Herbst 2017 – war bereits fast das gesamte Ufer besiedelt (Abb. mitte). Seitdem gab es nur noch Lückenschlüsse und eine Erhöhung der Dichten im Flachwasserbereich (Abb. unten). An den meisten Uferbereichen hat die Quagga-Muschel die schon länger etablierte Dreikantmuschel weitestgehend verdrängt. In nennenswerten Mengen kommt letztere aktuell nur noch um die Halbinsel Reichenau und in einzelnen Bereichen des Schweizer Ufers vor (HYDRA).
In größeren Tiefen breitet sich die Quagga-Muschel erfolgreich in Bereiche aus, die bisher nicht von der Dreikantmuschel besiedelt waren. Im Gegensatz zur Dreikantmuschel kann sie unter anderem besser auf Weichsubstrat siedeln und auch bei dauerhaft niedrigeren Temperaturen wachsen und reproduzieren. Die Fähigkeit zur Besiedlung von Weichsubstraten sowie die ganzjährige Reproduktion verschaffen der Quaggamuschel deutliche Vorteile gegenüber der Dreikantmuschel. Beide Arten pflanzen sich über freischwimmende Larven (Veliger) fort. Die Dreikantmuschel setzt allerdings immer nur kurz im Jahr Larven frei – die Quagga-Muschel macht dies das ganze Jahr über. Dies zeigt sich im Bodensee bereits seit dem Winter 2016/2017.
Die Dreikantmuschel kam vor allem bis in Tiefen von ca. 25 m häufig und tiefer als 40 m höchstens als Einzeltier vor. Weichsubstrate sind für sie nur besiedelbar, wenn dazwischen feste Substrate zum Anheften vorhanden sind. Auf Hartsubstrat liegen Fundmeldungen von Tauchern im Bodensee zu höheren Dichten bis in Tiefen deutlich über 40 m vor. Auf Weichsubstrat liegen Nachweise bis in Tiefen von 250 m vor (ISF). Die Dichten auf Weichsubstrat in großen Tiefen sind aktuell noch gering, nehmen aber stetig zu. Eine weitere Zunahme der Besiedlung mit zukünftig noch stärkerer Verbreitung wird angenommen. Im Lake Michigan besiedelt die dort schon länger eingeschleppte Quagga-Muschel den Seeboden mittlerweile flächig bis in große Tiefen.
Mittlerweile hat die Quagga-Muschel die Dreikantmuschel im Bodensee weitestgehend verdrängt. Die Dreikantmuschel ist nur noch an wenigen Standorten in merklichen Dichten feststellbar.
Dreissena rostriformis |
Dreissena polymorpha |
Verbreitung von Dreissena rostriformis und Dreissena polymoprha im Bodensee von 2015-2019. Grafiken: HYDRA. Zum Vergrößern jeweils anklicken.